=for timestamp Mi Feb 21 16:16:36 CET 2007 =head1 Grenzwerte bei rationalen Funktionen =head2 Grundlegende Terminologie M =over =item * M: Zählerpolynom M: Nennerpolynom =item * Zählergrad: Größter Exponent, der im Zählerpolynom M verwendet wird Nennergrad: Größter Exponent, der im Nennerpolynom M verwendet wird Höchste Potenz: M =item * "Grenzwert im Unendlichen existiert nicht": Man schreibt M<\lim\limits_{x \to \pm\infty} f(x) = \infty>, meint aber (trotz des Gleichheitszeichens), dass der Grenzwert nicht existiert -- dass es keinen Wert gibt, dem sich M immer weiter annähert; stattdessen divergiert M ("haut ins Unendliche ab"). =item * M<\lim\limits_{x \to x_0+}>: Man nähert sich von rechts, also von größeren M-Werten als M, an die Stelle M an (andere Schreibweisen sind auch üblich) M<\lim\limits_{x \to x_0-}>: Man nähert sich von links, also von kleineren M-Werten als M, an die Stelle M an =back Beispiel: M =over =item * Zählerpolynom: M Nennerpolynom: M =item * Zählergrad: M<2> (wg. M<3x^2>) Nennergrad: M<3> (wg. M<9x^3>) Höchste Potenz: M =back =head2 Verhalten im Unendlichen Gefragt ist nach dem Grenzwert M<\lim\limits_{x \to \pm\infty} f(x) = \lim\limits_{x \to \pm\infty} \frac{z(x)}{n(x)}> =head3 Anschaulich Im Unendlichen (egal ob positiv oder negativ Unendlichen) zählen nur die jeweils höchsten Potenzen, die anderen "sind so klein, dass sie nichts ausmachen". Beispiele: =over =item * M M<\lim\limits_{x \to \infty} f(x) = \lim\limits_{x \to \infty} \frac{1}{3x} = 0;> M<\lim\limits_{x \to -\infty} f(x) = \lim\limits_{x \to -\infty} \frac{1}{3x} = 0;> =item * M M<\lim\limits_{x \to \infty} f(x) = \lim\limits_{x \to \infty} \frac{1}{3} = \frac{1}{3};> M<\lim\limits_{x \to -\infty} f(x) = \lim\limits_{x \to -\infty} \frac{1}{3} = \frac{1}{3};> =item * M M<\lim\limits_{x \to \infty} f(x) = \lim\limits_{x \to \infty} \frac{x}{3} = \infty;> M<\lim\limits_{x \to -\infty} f(x) = \lim\limits_{x \to -\infty} \frac{x}{3} = -\infty;> =back =head3 Formal Zähler und Nenner beide durch die höchste Potenz teilen, also mit der höchsten Potenz kürzen. Beispiele: =over =item * M M<\lim\limits_{x \to \pm\infty} \frac{3x^2 + 5x}{9x^3 - 2x + 3} = {}\lim\limits_{x \to \pm\infty} \frac{3x^2/x^3 + 5x/x^3}{9x^3/x^3 - 2x/x^3 + 3/x^3} = {}\frac{0 + 0}{9 - 0 + 0} = \frac{0}{9} = 0;> =item * M M<\lim\limits_{x \to \pm\infty} \frac{3x^2 + 5x}{9x^2 - 2x + 3} = {}\lim\limits_{x \to \pm\infty} \frac{3x^2/x^2 + 5x/x^2}{9x^2/x^2 - 2x/x^2 + 3/x^2} = {}\frac{3 + 0}{9 - 0 + 0} = \frac{3}{9} = \frac{1}{3};> =item * M M<\lim\limits_{x \to \pm\infty} \frac{3x^3 + 5x}{9x^2 - 2x + 3} = {}\lim\limits_{x \to \pm\infty} \frac{3x^3/x^3 + 5x/x^3}{9x^2/x^3 - 2x/x^3 + 3/x^3} = \mathord{?};> Problem: Nenner ist Null → den Grenzwertübergang kann man nicht ausführen; der Grenzwert existiert nicht, M divergiert also. =back =head3 Merkregeln =over =item * M<\text{Zählergrad} E \text{Nennergrad}>: Funktion konvergiert gegen Null (bei beiden Seiten, also wenn gegen M<-\infty> und gegen M<+\infty> gehend) =item * M<\text{Zählergrad} = \text{Nennergrad}>: Funktion konvergiert (bei beiden Seiten) gegen den Wert, der sich ergibt, wenn man alle bis auf die jeweils höchste Potenzen LÖSCHT Beispiel: M<\lim\limits \frac{3x^2 + 5x}{9x^2 - 2x + 3} = \frac{3}{9} = \frac{1}{3};> =item * M<\text{Zählergrad} E \text{Nennergrad}>: Funktion divergiert; der Grenzwert existiert nicht Ob die Funktion gegen M<+\infty> oder M<-\infty> strebt, wenn man gegen M<+\infty> oder M<-\infty> läuft, erkennt man am einfachsten über die anschauliche Argumentation. =back =head2 Verhalten an einer bestimmten Stelle Gefragt ist nach dem Grenzwert M<\lim\limits_{x \to x_0} f(x) = \lim\limits_{x \to x_0} \frac{z(x)}{n(x)}> mit M; hier geht es also nicht um das Verhalten im Unendlichen. =head3 Vorgehen zum Bestimmen des Grenzwerts an einer bestimmten Stelle =head4 Kürzen Man versucht, den Unterausdruck, der Probleme macht (weil er zu einer Division durch Null führen würde), zu kürzen: M<\lim\limits_{x \to 1+} \frac{\left(x-1\right) \left(x-2\right)}{x-1} = {}\lim\limits_{x \to 1+} \left(x-2\right) = {}1-2 = -1;> =head4 Faktorisieren Man versucht, Zähler- und Nennerpolynom zu faktorisieren, um danach kürzen zu können: M<\lim\limits_{x \to 1+} \frac{x^2 - 3x + 2}{x - 1} = {}\lim\limits_{x \to 1+} \frac{\left(x-1\right) \left(x-2\right)}{x-1} = {}\text{(wie oben)} = -1;> Faktorisieren von quadratischen Ausdrücken über die Lö­sungs­for­mel: M mit M Faktorisieren von kubischen Ausdrücken durch Erraten einer Nullstelle und anschließender Polynomdivision =head4 M-Methode Man drückt das Annähern gegen die Stelle M durch Annähern an M<0> aus. Diese Methode kann man nicht anwenden, wenn man eh schon den Grenzwert an der Stelle M<0> bestimmen will. Beispiel (Substitution M): M<\lim\limits_{x \to 1+} \frac{x^2 - 3x + 2}{\left(1 + h\right) - 1} = {}\lim\limits_{h \to 0+} \frac{\left(1 + h\right)^2 - 3 \left(1 + h\right) + 2}{1 + h - 1} = {}\lim\limits_{h \to 0+} \frac{1 + 2h + h^2 - 3 - 3h + 2}{h} = {}\lim\limits_{h \to 0+} \frac{h^2 - h}{h} = {}\lim\limits_{h \to 0+} \left(h - 1\right) = -1;> Man lässt das M immer von rechts gegen M<0> gehen, unabhängig davon, ob der ursprüngliche Grenzwertprozess von links oder rechts durchgeführt werden sollte. Man substituiert wie folgt: =over =item * M, wenn der ursprüngliche Grenzwertprozess von rechts ausgeführt werden sollte =item * M, wenn der ursprüngliche Grenzwertprozess von links ausgeführt werden sollte =back =head3 Anwendungen des Grenzwerts an einer bestimmten Stelle =head4 Behebung von Definitionslücken Beispiel: M Man kann eine Funktion an einer Definitionslücke dann stetig er­gän­zen, wenn der Grenzwert von links mit dem von rechts an der Stelle übereinstimmt: M<\lim\limits_{x \to 1+} f(x) = \text{(wie oben)} = -1;> M<\lim\limits_{x \to 1-} f(x) = \cdots = -1;> Man kann somit folgende Funktion M<\tilde f> konstruieren, die in allen Stellen, an denen auch die ursprüngliche Funktion M definiert ist, mit M übereinstimmt, und die an der Definitionslücke -- anders als M -- kein Loch hat, sondern wohldefiniert ist: M<\tilde f(x) = \begin{cases} {} \frac{x^2 - 3x + 2}{x - 1} & \text{für } x \neq -1; \\ {} -1 & \text{für } x = -1; \end{cases}> Hat man zum Bestimmen der Grenzwerte faktorisiert, kann man M<\tilde f> auch nicht durch eine abschnittsweise Definition ausdrücken: M M<\tilde f(x) = x - 2;> Obacht: Auch wenn man den Funktionsterm der ursprünglichen Funktion kürzt, also schreibt... M ...so ist die ursprüngliche Funktion trotzdem nicht an der problematischen Stelle definiert! Der Definitionsbereich ändert sich nicht durchs Kürzen! =head4 Überprüfung auf Stetigkeit Eine Funktion M ist an einer Stelle M genau dann stetig, wenn der Grenzwert von links mit dem von rechts und zusätzlich noch dem Funktionswert übereinstimmt; in Symbolen: M stetig an M ⇔ M<\lim\limits_{x \to x_0+} f(x) = \lim\limits_{x \to x_0-} f(x) = f(x_0);> Sollte einer der beiden Grenzwerte oder sogar beide Grenzwerte nicht existieren, so ist die Funktion an der jeweiligen Stelle nicht stetig.