Mittels einer Drehleiter holten Polizeibeamte die Aktivistin herunter. Sie hatte sich zuvor vom Präsidiumsbüro der Regierung von Schwaben abgeseilt.
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Foto: Annette Zoepf
Foto: Annette Zoepf

Mittels einer Drehleiter holten Polizeibeamte die Aktivistin herunter. Sie hatte sich zuvor vom Präsidiumsbüro der Regierung von Schwaben abgeseilt.

Augsburg/Meitingen
27.10.2022

Lohwald-Rodung: Klima-Aktivisten nehmen Regierung von Schwaben aufs Korn

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Von Christoph Frey

Plus Wegen Rodungsarbeiten für das Stahlwerk bei Meitingen kommt es in Augsburg zu einer spektakulären Aktion und einem schweren Vorwurf gegen den Regierungspräsidenten. Der reagiert scharf.

Im Augsburger Fronhof residierten Bischöfe und tagten Fürsten, heute gilt der Sitz der Regierung von Schwaben als einer der schönsten Flecken im Herzen Augsburgs. Doch diese Idylle wurde am Donnerstagmorgen jäh gestört. Am Morgen seilte sich zunächst eine Aktivistin des Augsburger Klimacamps aus dem Präsidiumsbüro ab und brachte ein Banner am Torbogen an. Ebenfalls am Vormittag verbreiteten die Klima-Aktivisten eine Erklärung, in der Regierungspräsident Erwin Lohner der Korruption beschuldigt wurde. Die Regierung wies dies scharf zurück und kündigte Strafanzeigen an. Insgesamt brachte die Polizei drei Aktivisten aus dem Gebäude. Gegen sie wird wegen Hausfriedensbruchs ermittelt.

Lech-Stahlwerke wollen sich vergrößern, dafür sollen Bäume im Lohwald weichen

Der Vorfall war die jüngste Eskalation in einem schon seit Jahren tobenden Streit. Die Lech-Stahlwerke aus dem Meitinger Ortsteil Herbertshofen planen einen massiven Ausbau. Für ein Wertstoffaufbereitungszentrum und stahlverarbeitende Betriebe sollen in unmittelbarer Nachbarschaft des Werkes rund 17 Hektar geschützten Bannwaldes weichen. Das Unternehmen verspricht Arbeitsplätze, Anlieger fürchten Lärm und Dreck, Naturschützer verweisen auf den ökologisch wertvollen Lohwald.

Gegen das Vorhaben, mit dem sich auch der Bayerische Landtag schon mehrfach befasst hat, formierte sich eine breite Allianz aus benachbarten Kommunen, örtlichen Bürgerinitiativen und dem Bund Naturschutz. Die Augsburger Klimacamper stießen später dazu. Im vergangenen Jahr dann gab Meitingens Marktgemeinderat grünes Licht: Im Tausch für umfangreiche Ersatzpflanzungen und ökologische Ausgleichsmaßnahmen erhielt der als streitbar bekannte Stahlwerks-Eigner Max Aicher die Erlaubnis zur Rodung.

Kahlschlag im Wald kommt für Protestierende einer Kriegserklärung gleich

Bund Naturschutz, Bürgerinitiativen und Klimacamper sind dagegen vor den Verwaltungsgerichtshof gezogen. Nur wenige Tage, nachdem sie ihre Normenkontrollklage angekündigt hatten, schuf Max Aicher Tatsachen und ließ auf mehr als fünf Hektar die Bäume fällen. Für die Naturschützer, die sich zu seinem Bannwald-Bündnis zusammengeschlossen haben, war der Kahlschlag eine Kriegserklärung. Bund-Naturschutz-Regionalreferent Thomas Frey spricht von einer "perfiden Aktion".

Doch wer hat nun die Abholzaktion geschehen lassen? Nach Darstellung des Meitinger Bürgermeisters Michael Higl war diese mehr oder weniger automatisch genehmigt, nachdem der Bebauungsplan für die Stahlwerkserweiterung in Kraft getreten und alle Bedingungen erfüllt waren. Zusätzlich hatten die Lech-Stahlwerke eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung der Regierung beantragt. Diese habe sich aber lediglich auf 18 Bäume bezogen, die als Fledermausquartiere infrage kommen. Die Behörde betonte am Donnerstag: "Die Rodung des Lohwalds in Meitingen bedurfte keiner Genehmigung der Regierung von Schwaben."

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Foto: Marcus Merk
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Kahlschlag als Kriegserklärung: Der Bund Naturschutz bezeichnet die Rodung des Lohwalds als "perfide Aktion".

Haben die Klimacamper mit Regierungspräsident Lohner also den falschen Spitzen-Beamten ins Visier genommen? Den Korruptions-Vorwurf gegen Lohner begründet Klima-Camp-Sprecher Ingo Blechschmidt mit Lohners CSU-Mitgliedschaft und der Tatsache, dass Max Aichers Stiftung der Partei große Spenden zukommen lasse. Allerdings fördert Aicher eigenen Angaben zufolge auch andere Parteien.

Unterdessen gibt es auch an den Klima-Campern deutliche Kritik. Der Meitinger Freie-Wähler-Abgeordnete Fabian Mehring bezeichnet die Abseil-Aktion als "schlicht kriminell". Man dürfe sich nicht von "selbst ernannten Klimarebellen auf der Nase herumtanzen lassen".

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