Zuletzt geändert: Do, 20.10.2005

«K12/K13» 2. Hausaufgabe «PDF», «POD»




0.0.1 2. Hausaufgabe

0.0.1.1 Übungsaufsatz
  • A) Redesituation

  • B) Analyse der Rede

  •    I)   Redeinhalt und -aufbau

  •    II)  Redeabsicht und -mittel

  •    III) Vorstellung vom idealen Staatsbürger

  • C) Beurteilung der Rede

Der deutsche Kaiser Wilhelm II. besuchte am 19. August 1911 sein ehemaliges Gymnasium. Anlässlich der Fahnenübergabe an die Prima, den beiden obersten Jahrgangsstufen, hielt er eine Rede.

Die Rede gibt einen kurzen Überblick über die Verbindung der Geschichte Griechenlands mit Deutschland und enthält eine genaue Vorstellung des idealen Staatsbürgers. Die Rede kann man in drei Teile, Einleitung, Hauptteil und Schluss, gliedern. In der Einleitung gibt Wilhelm den Grund der Rede an und bemüht sich auch um Wohlwollen beim Publikum ("aus [der Arbeit des Gymnasiums ist] ein deutscher Kaiser hervorgegangen", Z. 7f).

Der Einleitung folgt der Hauptteil, in dem Wilhelm zuerst auf die Geschichte des "Griechentum[s]" (Z. 15) eingeht. So erwähnt er, dass die Ideologie und Philosophie der Griechen äußerst fortschrittlich war (Z. 15), jedoch eine naive Übertragung in die "Jetztzeit" (Z. 12) nicht möglich ist. Im folgenden Redeabschnitt (ab Z. 23) geht es um Politik. Dabei begrüßt er den "einheitlichen germanischen Staat" (Z. 31), was, angesichts der Tatsache, dass Wilhelm Kaiser war, nicht verwundert. Auch ermahnt er die Schüler, "den Blick aufs Ganze gerichtet [zu halten]" (Z. 33) und sich nicht von Parteien übermäßig beeinflussen zu lassen (Z. 33ff). Schließlich erinnert er die Schüler an die gefährlichen Wirkungen des Alkohols (Z. 47f), und unterstreicht seine Ausführungen mit einem Hinweis auf die Vielzahl der "Verbrechen[, die] durch den Alkohol herbeigeführt" wurden (Z. 51).

Zuletzt übergibt Wilhelm im Redeschluss die Fahne an den Jahrgangsbesten (Z. 71).

Zwei Redeabsichten sind erkennbar; erstens hielt Wilhelm die Rede um die Fahne zu übergeben und zweitens will er sein politisches Programm präsentieren. Der erste Grund ist dabei wesentlich unwichtiger, da vermutlich Wilhelm eingeladen wurde, die Initiative also nicht von ihm aus ging. Da seine Entscheidung, über Politik zu reden, natürlich von ihm aus ging, ist die Analyse des zweiten Grundes interessanter.

Wilhelm benutzt eine Reihe von Stilmitteln, um dem Publikum seine Absichten möglichst deutlich darzulegen. So benutzt er nicht übermäßig viele Fremdwörter, die das Verstehen der Rede erschweren würden. Ebenfalls auffallend ist die Verwendung von Polysyndeta, welche durch ihren Klang die betreffenden Redestellen sehr eindringlich machen. Auch spricht Wilhelm das Publikum immer wieder direkt an (zum Beispiel "Sie beschäftigen sich [...]" (Z. 9), "Sie stehen [...]" (Z. 45), "Sie [sollen] nicht scherzhaft auffassen" (Z. 46), "unser Volk" (Z. 48) und "stählen Sie" (Z. 59)).

Der Rede ist auch eine Vorstellung vom idealen Staatsbürger zu entnehmen. So lobt Wilhelm die Ideologie und Philosophie des "Griechentum[s]" (Z. 15) als "Ideale[...]" (Z. 44), die der ideale Staatsbürger immer im Kopf haben sollte. Auch ist Wilhelm die Einheit des "germanischen Staat[s]" (Z. 31) ein besonderes Anliegen. Weiterhin soll sich der ideale Bürger nicht von einzelnen Parteien beirren lassen (Z. 33), sondern seinen Blick "aufs Ganze gerichtet [halten]" (Z. 32f). Schließlich mahnt Wilhelm übermäßigen Alkoholkonsum (Z. 51), der seiner Meinung nach unter anderem "viele Verbrechen herbeigeführt [hat]" (Z. 51).

Die Rede ist ein Beispiel Wilhelms rhetorischen Könnens und hat ihr Ziel zweifellos erreicht, die Rede gilt als ein Musterbeispiel einer Rede über den Gedanken des Friedens und der Einheit1.


1.

siehe zum Beispiel Klaus Rehbeins Artikel "Allgemeinbildung durch Frieden – Frieden durch Allgemeinbildung" unter http://www.uni-muenster.de/PeaCon/wuf/wf-88/8820600m.htm