Zuletzt geändert: Do, 23.09.2004

«11C» 3. Hausaufgabe «PDF», «POD»



Inhaltsverzeichnis:

0.0.1 3. Hausaufgabe

0.0.1.1 Soll die neue Rechtschreibung beibehalten werden?
Für die Gliederung siehe die PDF-Version.

Mit der Umstellung einiger großer Verlage zurück auf die alte Rechtschreibung wurde in letzter Zeit oft daruber diskutiert, ob nicht generell zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt werden sollte. So gab es in einigen Talkshows im Fernsehen und in vielen Schulen Diskussionen darüber. Ich werde nun einige Argumente beider Seiten aufzählen.

Mein erstes Argument für die Rückkehr zur alten Rechtschreibung ist die Erschwerung beim Fremdsprachenerwerb, die mit der neuen Rechtschreibung einher geht. Durch einige Veränderungen der deutschen Grammatik, die die neuen Regeln vorschreiben, wird unter einigen Umständen der Erwerb von Fremdsprachen in späteren Jahren erschwert. Wissenschaftler der Universität Saarland haben gezeigt, dass es Schülern an Satzverständniss in verschiedenen europäischen Sprachen, darunter Französisch und Spanisch, mangele, wenn sie Deutsch nach den zur Zeit gültigen Regeln gelernt haben. Eine Einschränkung im Umgang mit Fremdsprachen führt indirekt zu Exporteinbußen, da internationale Geschäfte nicht mehr so leicht abgeschlossen werden können. Um dieses Problem zu vermeiden, sollte zur Rechtschreibung zurückgekehrt werden.

Viel wichtiger wiegt jedoch, dass, bei der neuen Rechtschreibung, die neuen Regeln der Getrenntschreibung oftmals den Sinn entstellen, weswegen zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt werden sollte. Schon die eigene Erfahrung belegt dies: Wörter, die in einer Einheit gesprochen werden, werden nach den zur Zeit geltenden Regeln oftmals getrennt geschrieben, was den Lesefluss hindert. Durch mehrere Möglichkeiten des Schreibens zusammengesetzter Wörter ergibt sich ein weiteres Problem, besonders für Schüler unterer Klassen, die gerade das Schreiben lernen: Dadurch, dass sich keine allgemeine Form durchsetzt, da oftmals zwei Möglichkeiten erlaubt sind, wird ein unbewusstes Einprägen beim Lesen erschwert. Dies wird durch zahlreiche weitere Ausnahmefälle der neuen Rechtschreibung zusätzlich erschwert. Um die deutsche Sprache für das Auge nicht unnötig schwer zu machen, sollte zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt werden, die in diesem Punkt sehr klar war und dadurch keine Sinnentstellung möglich war.

Ebenfalls nicht abzuweisen ist jedoch das Argument, dass die Übersichtlichkeit bei der neuen Rechtschreibung eingeschränkt wird, weswegen man zur alten Rechtschreibung zurückkehren sollte. Sowohl die eigene Erfahrung als auch eine Studie der Universität Freiburg belegen dies: Das Auge kann sich in Textabschnitten an Interpunktionszeichen orientieren. Besonders hilfreich ist diese Fähigkeit beim Überfliegen längerer Texte, da die Satzstruktur schneller deutlich wird, da das Gehirn lernt, dass zum Beispiel nach auf ein Komma oftmals ein Nebensatz folgt. Die neue Rechtschreibung erlaubt nun aber, anders als die alte Rechtschreibung, unter bestimmten Bedingungen Kommas wegzulassen, wodurch dem Auge das Lesen erschwert wird. Da die alte Rechtschreibung diesen Mangel nicht aufweist, sollte zu ihr zurückgekehrt werden.

Das wichtigste Argument für die Rückkehr zur alten Rechtschreibung ist jedoch das, das, mit weiteren der Vereinfachung dienenden Reformen, über längere Zeit hinweg der Reichtum und die Komplexität der deutschen Sprache verloren gehen wird. Viele große literarische Werke wären, wenn es zum Zeitpunkt ihres Schreibens schon die neue Rechtschreibung Gesetzt wäre, nicht in ihrer Form möglich gewesen. Durch weitere kleine Reformen, die die Sprache vereinfachen, könnte, im Ganzen gesehen, in einigen Jahrzehnten der Reichtum der deutschen Sprache auf ein Minimum reduziert sein. Um diesen Fehler gar nicht erst möglich werden zu lassen, sollte zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt werden.

Aber natürlich gibt es auch Argumente für die Beibehaltung der aktuellen Rechtschreibung. Als erstes sei zu nennen, dass mit der neuen Rechtschreibung eine Erleichterung beim Erlernen einhergeht. Durch die schon angesprochenen vereinfachten Regeln wird Schülern und Imigranten das Erlernen zum Teil stark erleichtert. Dazu gehören zum Beispiel die Interpunktions-Regeln, da Kommas häufig weggelassen werden dürfen. Außerdem stellt sich nicht mehr die Frage, wann man "dass" mit einem scharfen S schreiben soll. Die deutsche Sprache sollte deswegen, den Kindern und Ausländern zu lieben, möglichst einfach gehalten sein. Da die zur Zeit gültige Rechtschreibung diesen Punkt, anders als die alte Rechtschreibung, erfüllt, sollte sie beibehalten werden.

Ein weiterer wichtiger Grund, der für die Beibehaltung der jetzigen Rechtschreibung spricht, ist der, dass, bei einer erneuten Umstellung, ein Chaos an Schulen drohen würde. Dies kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Als 1998 die neue Rechtschreibung eingeführt wurde, gab es für die Schüler größere Probleme. Zum einen waren viele Bücher noch nach der alten Rechtschreibung geschrieben, was das Umstellen und Gewöhnen an die neuen Regeln erschwerte: Man las sowohl Texte nach den alten Regeln, als auch nach den neuen. Ein Gewöhnen an die neue Rechtschreibung wurde damit erschwert. In den folgenden Jahren dann waren beide Rechtschreibungen erlaubt, was zu ähnlichen Problemen führte. Besonders schwer war eine innere Umstellung auf die Regeln angesichts einiger Zeitschriften, bei der einige Artikel den alten Regeln gehorchten, andere aber das neue Regelwerk nutzten. Dieses gleiche Chaos könnte bei einer erneuten Umstellung wieder eintreten, weswegen man die aktuelle Rechtschreibung beibehalten sollte.

Der wichtigste Grund, an der neuen Rechtschreibung festzuhalten, ist jedoch der, dass die Entscheidung für die neue Rechtschreibung in einem korrekten Durchgang durch die verantwortlichen Instanzen fiel. Der Weg, den das Grundgesetz vorschreibt, wurde laut Die-Zeit-Redakteur und Politikprofessor Hanns-Heinz Hoffman eingehalten, der Entschluss ist also legal zu Stande gekommen. Man sollte deswegen an der jetzigen Rechtschreibung festhalten und nicht eine erneute Umstellung, mit all ihren Problemen, wagen.

Obwohl das stärkste Argument für die Rückkehr zur alten Rechtschreibung, der Verlust des Reichtums und der Komplexität, der mit der neuen Rechtschreibung einhergeht, ohne Zweifel seine Berechtigung hat, stellt sich doch die Frage, ob wirklich ein so großer Schritt gewagt werden sollte, nicht zur letzt deswegen, da die Entscheidung für das jetzige gesetzlich verbindliche Regelwerk in einem korrekten Gang durch die entsprechenden Instanzen fiel. Deswegen bin ich der Meinung man sollte an der aktuellen Rechtschreibung festhalten. Da es aber sowohl viele Menschen, die hinter den jetzigen Regeln stehen, als auch welche, die die neue Rechtschreibung ablehnen, gibt, sollte ein Kompromiss gefällt werden. Man sollte zwar die jetzige Rechtschreibung beibehalten, jedoch unter der Auflage, weitere Reformen anzustreben.

Egal, wie die Entscheidung der verantwortlichen Politiker ausfällt -- wichtig ist, dass Deutschland nicht wegen seiner Sprache in zwei Hälften geteilt wird. Der erste Schritt in diese Richtung wurde durch die zu Beginn angesprochenen großen Verlage schon getan. Dies sollte auf jeden Fall vermieden werden -- die Entscheidung, die getroffen werden wird, sollte von allen akzeptiert und befolgt werden. Kleine Streitigkeiten um die Rechtschreibung sind ein "geteiltes" Deutschland nicht wert.